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Bundeskanzlerin + Bundespräsidentin + Deutsche Bank-Chefin

Ministerpräsidentin Heide Simonis: "Frauen an die Macht!"

Seit zehn Jahren steht die 60-Jährige an der Spitze von Schleswig-Holstein - die einzige Frau in dieser Position. Hier sagt sie, warum es für Frauen noch so schwer ist, die höchsten Posten in Politik und Wirtschaft zu besetzen und wie das besser werden kann...

 

BILD der FRAU: Wie kommt es, dass Sie nach zehn Jahren immer noch die einzige Frau neben 15 Ministerpräsidenten sind?

Heide Simonis: "Das hat wohl mit Macht und dem Einfluss zu tun, der mit diesem Job verbunden ist. Das sind Potentiale, die Männer lieben, Frauen aber abschrecken. Frauen haben eher Abneigung, sich in solche Grabenkriege zu stürzen und bei der Postenverteilung "Hier!" zu rufen."

Das heißt, die Frauen sind größtenteils selber Schuld?

"Jedenfalls könnten viele frecher und mutiger sein. Aber natürlich ist das nicht alles. Besonders die Kindererziehung kann zum Karriere-Problem werden. Selbst bei einem guten Betreuungsangebot ist es für Frauen nicht einfach, ihre Zeit den Parteigremien zu widmen. Jahrelanges pausieren kann sogar eine echte Behinderung sein. Das dürfen wir Müttern nicht zum Vorwurf machen."

Was fehlt Ihrer Ansicht nach vielen Frauen?

"Zielstrebigkeit! Sie wollen zwar nicht auf der untersten Stufe stehen bleiben, aber sie kämpfen zu wenig für ihre Karriere! Die Ochsentour finden sie grauenvoll! Ich wurde auch nicht über Nacht Ministerpräsidentin!"

Warum bilden Frauen nicht wie Männer Seilschaften?

"Frauen schrecken davor zurück, Kontakte zum persönlichen Vorteil zu nutzen. Das finden sie - wie den Machtgedanken - fast unanständig. Bei Männern ist es normal, sich zu helfen."

Wie lässt sich das ändern?

"Frauen müssen eigene Netzwerke bilden! Sie sollten mehr zusammenarbeiten und auch gegenüber der Familie ohne schlechtes Gewissen die eigenen Interessen durchsetzen."

In Ihrem Buch "Unter Männern" schreiben Sie, dass es eher eine Bundeskanzlerin geben wird als eine Banken-Sprecherin...

"Wenn ich höre, dass der Sprecher einer deutschen Geschäftsbank mit einem extra Aufzug fährt, in den niemand zusteigen darf und der nirgendwo anhält, dann weiß ich, was fest gefügte, veraltete Männer-Privilegien sind. Da ist für mich ein weiblicher Wirtschaftsboss noch in weiter Ferne! In der Politik jedoch ist der Druck größer, Frauen etwas werden zu lassen!"

Immerhin ist eine Frau Vorstands-Vorsitzende der "Citibank"!

"Ein erster Erfolg! Und ich hoffe, sie wird nicht die einzige in dieser Position bleiben."

Ist denn die Zeit auch endlich reif für eine deutsche Bundeskanzlerin?

"Da Gerhard Schröder und Joschka Fischer wieder kandidieren, drücke ich ihnen die Daumen. Gäbe es diese Konstellation nicht, wäre es einen Versuch wert, dass eine Frau die Mehrheit präsentiert. 54 Prozent der Studenten sind weiblich, Frauen haben gute Abschlüsse und große Fähigkeiten, was Intuition, Teamarbeit und Kreativität angeht. Da liegen ihre Chancen. Der gusseiserne Mann wird das noch lernen."

Behindern sich Frauen gegenseitig - durch Neid etwa?

"Wenn überhaupt, dann haben Frauen Minderwertigkeitskomplexe und werden dadurch giftig. Viel fataler ist, dass Frauen nicht gut streiten können! Wenn sie Ablehnung erfahren, sind sie bis ins Mark verletzt und zweifeln auch noch viel zu sehr an sich."

Wie lauten Ihre wichtigsten Karrieretipps?

"Frauen müssen lernen zu sagen: ´Ich will! Und: Ich kann das!´ Und dass sie wegen Kritik an ihrer Person nicht die ganze Nacht im Bett sitzen und grübeln! Frauen müssen lernen, Niederlagen einzustecken - und Schwamm drüber..."

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© Uta Rotermund 2011
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