"Können
Männer denken?" Die Frage beschäftigt Uta Rotermund
seit mindestens sieben Jahren - und brachte ihr gleich, als sie
sie das erste Mal öffentlich stellte, ziemlichen Ärger.
"Männliche Wesen in Leistungsfunktionen rissen die Plakate
ab, die für mein Kabarettprogramm warben. Sie sprachen von
Männerverachtung und drohten mit Prozessen", erinnert
sie sich. 100 Jahre, nachdem Siegmund Freud behauptet hatte, die
Frauen hätten keine Seele, konnten gestandene Männer es
nicht ertragen, dass ihr Denkvermögen von einer Frau in Frage
gestellt wurde!
Dabei hatte Uta Rotermund es doch nur nett gemeint,
wie sie versichert. Die kabarettistische Nummer war nämlich
ein Abschiedsgeschenk für einen lieben Kollegen im Funkhaus,
an dem Sie damals arbeitete. Für ihn erfand sie die satirische
Figur der Dr. Irmgard Töbel-Schleierkraut, mit der sie dann
in den 90er Jahren in der TV-Sendung "liebe sünde"
einem Millionpublikum bekannt werden sollte.
Die "nette Geste" für den Arbeitskollegen
ist die reine Schutzbehauptung der kecken Uta, denn so wie sich
das Programm mit den Jahren auswuchs, ist's beißende Satire.
Da lernt Frau unter anderem die "fünf goldenen Tipps der
Hundeerziehung zur praktischen Anwendung am Mann". Da heißt's
beispielsweise: "Stellen Sie vom ersten Tag an klar, wer der
Boss ist. Männer brauchen einen Leitwolf!" Und: "Die
Welt ist eine große Wiese der Versuchung. Anleinen gegen Fremdschnüffeln!"
Und weiter: "Macht Mann Mist, immer sofort rein mit der Nase
(wegen Kurzzeitgedächtnis des Mannes)!" Klar, dass die
dermaßen auf die tierische Ebene der Schöpfung Herabgestuften
rebellierten. Frauen sahen es etwas gelassener, immerhin warnte
eine die vorlaute Kabarettistin: "Sie stellen die Grundfesten
der abendländischen Mann-Frau-Problematik in Frage, gemäß
der Frau Fleisch und Mann Geist ist." Ein Kirchenmann wiederum
bezeichnete sie als "Domina des deutschen Kabaretts".
All das kümmert Uta Rotermund freilich wenig, solange sie mit
diesem Programm nun bereits so manches Jahr meist volle Säle
hat. Ihr lakonischer Kommentar zur männlichen Aufgeregtheit:
"Männer müssen ein ganz mieses Selbstbewusstsein
haben:" Ihr selbst scheint es daran nicht zu mangeln - und
das liegt vermutlich an ihrer Kindheitsgeschichte.
Als älteste Schwester wuchs sie mit drei jüngeren
Brüdern auf, in einem lebhaften Geschäfthaushalt (der
Lebensmittelbranche), in dem sie die Mutter ganz selbstverständlich
unterstützte. "Ich habe die Jungs miterzogen", sagt
sie, und auch wenn der älteste Bruder nur zwei Jahre jünger
war als sie, galt auch für ihn, was die große Schwester
sagte. Die Geschwisterkonstellation hatte noch eine andere Auswirkung:
Uta Rotermund ist ein Fußballfan. "Bei drei Brüdern
ließ es sich gar nicht vermeiden, Fußball zu spielen",
sagt sie. Heute beschränkt sie sich zwar beim Sport auf gelegentliches
Schwimmen (und wenn man ihr die Wahl lässt zwischen einem Glas
Wein und einer Lektion im Fitnessstudio, wählt sie Ersteres),
doch lässt sie sich kein Match "ihres" Fußballklubs
BVB entgehen. Da sie Hooligans, Prügeleien und Alkoholexzesse
nicht ausstehen kann, meidet sie allerdings Stadions, verfolgt die
Spiele am Fernsehen oder doch lieber im Radio.
Gewalterfahrung blieb ihr trotzdem nicht erspart.
Vor drei Jahren wurde sie vor ihrem Wohnhaus krankenhausreif geschlagen
- von einer Frau. Eine harte Lektion für Uta Rotermund. "Als
du auf der Straße aufgeschlagen bist, bist du in der Welt
angekommen", kommentiert einer ihrer Brüder den Vorfall.
"Damals bin ich erwachsen geworden", sagt sie selbst.
Sie gab die Wohnung auf, in der sie sich viele Jahre wohl gefühlt
hatte, wechselte das Quartier, fand nach einigem Suchen ein neues
Zuhause für sich und die beiden Katzen.
Gefahr, dass die zierliche Blondine dereinst als alte
Katzenjungfer enden könnte, besteht übrigens kaum. Denn
bei aller Kritik an Männern gibt's auch welche, die sie mag.
"Ich war zwar nie verheiratet, weil ich mich nicht eigne zum
Leben in Gefangenschaft, aber ich hatte einige große Lieben
und hoffe, dass das nicht vorbei ist!", sagt sie. War die Liebe
auch noch so groß, auf getrennte Wohnungen hat Uta Rotermund
stets Wert gelegt bei all ihren bisherigen Lebensabschnittspartnern.
"Ich will schließlich nicht in den Rang einer Zahnbürste
gelangen", sagt sie. Gewohnheit in Beziehungen findet sie tödlich
für die Liebe und Abstand wahren ist ihr wichtig für die
richtige Perspektive auf den Partner. "Ich habe großen
Respekt vor anderen Menschen", versichert sie. Das hat auch
der deutsche Altmeister des deutschen Kabaretts Hans-Dieter Hüsch
erkannt: Er bezeichnet die Rotermund als "zutiefst moralisch".
Wie muss ihr Traummann aussehen? "Wie George
Clooney, witzig, intelligent, willensstark und von spielerischer
Kreativität. Ich mag die Begegnung auf Augenhöhe und nicht
den Mann, der die Banane hinter Gittern braucht", sagt sie
in ihrer plastischen Ausdrucksweise. Gutes Aussehen schadet nicht
und auch jünger darf der Traummann sein. "Ich habe ein
Recht darauf, anspruchsvoll zu sein!" sagt sie mit Blick auf
all die dickbäuchigen, wohlbetuchten älteren Herren, die
ihre Gattinnen gegen Frauen eintauschen, die ihre Töchter sein
könnten. In ihrem bald fünfzigjährigen Leben hatte
Uta Rotermund "so manches männliche Schmuckstück",
wie sie zugibt.
Flapsige Angriffigkeit ist die eine Seite der Uta Rotermund. Sie
hat auch noch eine andere - die soziale: Da war sie beispielsweise
mitbeteiligt an der Gründung eines Frauenhauses in ihrer Heimatstadt.
Von jeder Eintrittskarte zu ihren Veranstaltungen gehen ferner zwei
Euro an Medica mondiale, eine Einrichtung, die sich für kriegstraumatisierte,
vergewaltigte, geschundene Frauen einsetzt. "Hier im Westen
leben wir alle - auch wenn wir meckern - auf der Inseln der Seligen.
Afghanistan oder Bosnien ist für eine Existenz als Frau dagegen
bitterer", sagt sie.
An eigenen Nachwuchs hat Uta Rotermund nie gedacht. "Meine
Kindererziehungsjahre habe ich bei den Brüdern abgedient",
sagt sie. Zumal sie beruflich voll ausgelastet ist. Rund 100 Auftritte
jährlich mit Kabarett, aber auch mit Lesungen, die sie anbietet,
"um zu zeigen, dass ich auch eine gebildete Person bin",
wie sie mit Augenzwinkern sagt. Sie mag Literatur und erzählt
ihrem Publikum gerne Geschichten, die sie berühren und mit
Gewinn hören.
Und selbstverständlich nimmt sie sich immer wieder Zeit, selbst
Kultur zu tanken: etwa die spannenden Produktionen in den zu Theatern
umfunktionierten Fabrikhallen des Ruhrgebiets und am Schauspielhaus
Bochum. Dessen Leiter Matthias Hartmann schätzt sie so sehr,
dass sie sich vorstellen könnte unter seiner Regie auch wieder
einmal in einem Theaterstück auf der Bühne zu stehen.
Helga Schabel
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